Ästhetisches Wirkungspotenzial literarischer Mehrsprachigkeit

 

  • Datum: 21. Juli 2023
  • Zeit: *
  • Referent: Raila Karst, Martina Kofer
  • Ort: digital
  • Raum: *
  • Gastgeber: *

Mehrsprachige Ästhetik | #Sprachwechsel | #Sprachmischung

Im dritten Treffen stand die Annäherung an eine genauere Bestimmung, was Mehrsprachigkeit als literar-ästhetisches Mittel ausmacht, im Fokus. Ausgangspunkt für die Überlegungen war die These, dass literarischer Mehrsprachigkeit stets ein ästhetisches Moment inhärent ist.

Mehrsprachigkeit im literarischen Text kann sowohl figuren- als auch erzählercharakterisierende Funktionen einnehmen. Kritisch diskutiert wurde, dass dabei eine Negativbewertung, Inferiorisierung und Stigmatisierung der Figur einhergehen kann. Kulturpolitische Wertungen von Sprache der jeweiligen erzählten Zeit spielen hier eine entscheidende Rolle für die Charakterisierung einer Figur oder die Positionierung eines Erzählers. So kann davon ausgegangen werden, dass literarische Mehrsprachigkeit stets diskursiv eingebettet ist.

‚Anderssprachliche‘ Einsprengsel können zudem als metaphorische Verstärkung für inhaltliche Intentionen des Textes auftreten. Von daher ist davon auszugehen, dass auch einzelne Wörter in anderen Sprachen, die in den Text eingeflochten sind, eine ästhetische Funktion haben können.

Zudem wurde hervorgehoben, dass insbesondere durch Formen des Translanguaging, in denen verschiedene Standards so miteinander verflochten werden, neue morphologische und syntaktische Mischformen entstehen und Normierungen und Standardisierungen von Sprachgebrauch dekonstruiert werden können. Durch Hybridisierung entsteht hier etwas Neues und Einmaliges, dass materiell erkennbar, typographisch sichtbar und ebenso affektiv wie sinnlich erfahrbar ist.

Anhand von Textbeispielen verschiedener Gattungen wurde im Anschluss an die theoretische Diskussion konkret zu erarbeiten versucht, welche Funktion literarische Mehrsprachigkeit in ihnen einnimmt und welche Wirkung durch den Einsatz von Mehrsprachigkeit als ästhetisches Mittel erzeugt wird. Beispielsweise wurden für mehrsprachige Lyrik Effekte wie Entautomatisierung, Karnevalisierung, Translingualität als Erweiterung des ästhetischen Spielraums sowie Subversion von Sprachnormen hervorgehoben.